Adolf Loos

Beginn der Route: Husova 741/58

Erstes Objekt: C2–741 Umbau des Hauses von Hedwig Liebstein sowie Jana und Jan Brummel

Adolf Loos, Karel Lhota, 1929

Öffentlicher Verkehr: CAN Husova (BUS 35, 41, 56, 57, TROL 11, 18, 19)

GPS: 49.7461210N, 13.3641546E

Die „Kern“-Route des Projekts „Pilsner Architekturmanual“ (PAM), deren wichtigster Teil entlang der Straße Klatovská třída (Klattauer Straße) durch Pilsen verläuft, stellt insgesamt zwölf Orte mit Realisierungen Adolf Loos’ und seiner Mitarbeiter vor. Die Konzentration dieser Werke – in der Regel Interieurs – in diesem Stadtteil ist nicht zufällig. Gerade die heutige Straße Klatovská třída – früher Ferdinandstraße, später auch třída Českých legionářů (Straße der tschechischen Legionäre) – wurde am Ende des 19. Jahrhunderts zum wichtigsten Boulevard Pilsens und zum Wohnort zahlreicher bedeutender Unternehmer, aus deren Reihen sich Loos’ Klienten rekrutierten. Die ersten waren Martha und Wilhelm Hirsch. Diese lernten Loos’ Arbeit durch Wilhelms Schwester Rosa kennen, die in die Wiener Familie des Journalisten Karl Kraus – einer von Loos’ engsten Freunden – eingeheiratet hatte. Für Rosa und Alfred Kraus entwarf Adolf Loos 1905 das Interieur ihrer Wiener Wohnung. Zwei Jahre später kam dann Loos zum ersten Mal nach Pilsen, um für das Ehepaar Hirsch den Plan für eine großzügige Umgestaltung ihrer Wohnung in der Straße Plachého vorzubereiten.

Loos’ Meinungen faszinierten auch Hirschs Cousin und Firmenteilhaber Otto Beck, und so betraute dieser ihn noch im selben Jahr mit der Projektierung der Umgestaltung einer Wohnung für sich und seine Frau Olga. Nach Pilsen kehrte der Architekt dann in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre zurück. In den Jahren 1927–1932 bereitete Loos mit Hilfe von Karel Lhota, Norbert Krieger, Heinrich Kulka sowie Bořivoj Kriegerbeck zahlreiche weitere Entwürfe für Industrielle, Geschäftsleute und weitere Bauherren jüdischer Herkunft vor, die durch geschäftliche wie persönliche Beziehungen miteinander verbunden waren. Zu ihnen gehörten die Familien der Brüder Brummel und der Brüder Semler, das Ehepaar Vogl, Samuel Teichner, Leopold Eisner, das Ehepaar Naschauer und erneut die Becks, denen Loos half, das Interieur zu adaptieren, das in ein Gebäude am Platz Náměstí Míru (Platz des Friedens) übersiedelte. Loos entwarf vermutlich auch das Konzept der Wohnung von Richard Hirsch, die im Haus seiner Eltern untergebracht war. Einige Entwürfe wurden offenbar von Loos’ Mitarbeitern bereits ohne Beteiligung des berühmten Architekten ausgearbeitet (Loos’ Urheberschaft lässt sich in diesen Fällen nicht nachweisen), nichtsdestotrotz brachten diese darin konsequent seine architektonischen Prinzipien zur Anwendung. Auch deshalb wurden diese Werke in die Route aufgenommen, die Loos’ Namen trägt. Der Schlüssel für ihre Aufnahme war der Zusammenhang zu anderen Realisierungen Loos’. Dies betrifft etwa die Wohnung von Lili und Pavel Weiner, die sich ebenso wie die von Loos entworfene Arztpraxis von Samuel Teichner im Hause Weiner befindet.

Von den architektonischen Werken, die mit Loos’ Wirken in Pilsen verknüpft sind und die ein Dutzend überschreiten, sind bis heute acht erhalten geblieben, und dies meist in inkompletter Form. Dass diese Realisierungen nicht vollständig verschwunden sind, verdanken wir vor allem der Kunsthistorikerin Věra Běhalová. Diese setzte dank ihrer persönlichen Tapferkeit – als Beteiligte des antikommunistischen Widerstands wurde sie vom damaligen Regime verfolgt – in den Jahren 1968–1969 durch, dass ein Großteil von ihnen unter Denkmalschutz gestellt wurden. Gegenwärtig sind drei Innenräume regelmäßig für die Öffentlichkeit zugänglich und zwar im Rahmen des Programms der Besichtigungsrouten „Adolf Loos Pilsen“. Dabei handelt es sich um eine pietätvoll renovierte Wohnung im Haus von Hedvika Liebsteinová und dem Ehepaar Brummel, die sich in Privatbesitz befindet, und die auf sensible Weise renovierten Wohnungen der Ehepaare Kraus und Vogel, die der Stadt Pilsen gehören. Diese macht gelegentlich auch die Wohnung von Helena und Hugo Semler zugänglich, deren Renovierung derzeit vorbereitet wird, sowie die Wohnung von Richard Hirsch, in der sie die Restaurierung des eingebauten Schlafzimmermobiliars veranlasst hat. Nach Beendigung der derzeit verlaufenden Renovierungsarbeiten wird unter der Obhut der Westböhmischen Galerie Pilsen auch die sogenannte Semler-Residenz wiedereröffnet.